04.06.2009: Anfertigung von Notenrollen

Die Herstellung von Notenrollen und Notenbändern beschreibt  der Drehorgelbauer Wiel Geraats in seiner Internetpräsentation auf niederländisch und teils auch englisch und deutsch. Seine Tipps werden hier zusammengefasst und ergänzt.
  1. Herstellung der Rolle

    Aus etwa 3mm starkem Sperrholz oder aus Hartfaserpappe werden zwei Kreise mit 8cm Durchmesser ausgeschnitten und in der Mitte mit einer 6mm-Bohrung versehen. Anschließend werden beide Scheiben mit einer 6mm-Maschinenschraube miteinander fest verbunden und das restliche Gewinde der Schraube vorsichtig wie ein Bohrer in das Futter einer Ständerbohrmaschine gespannt. So kann man mit einer seitlich an die sich drehenden Scheiben gehaltenen Feile die Scheiben schön rund bekommen. Sie werden danach noch einzeln eingespannt, damit die Ränder mit Sandpapier leicht abgerundet werden können. Die Scheiben sollten lackiert und abgeschliffen werden, damit später durch die Reibung zwischen Rolle und Papier kein Schaden angerichtet werden kann.

    Als Kern wird einfach ein 111mm langes Stück (eher weniger, denn man kann das ja mit dünnen Pappscheiben korrigieren) eines 2,5cm-Rundholzes aus Buche verwendet. An beiden Seiten wird in der Mitte eine 2cm tiefe 5mm-Bohrung angebracht.

    Die beiden Scheiben werden mit M6-Inbusschrauben (M6x20 und M6x30), die sich ihr Gewinde selbst in das Holz schneiden müssen, an den Kern geschraubt. Auf die längere Schraube wird noch ein 5mm langer Abschnitt eines Alurohres (8mm x 1mm) geschoben. In diese Schraube erfolgt dann er Eingriff beim Rückspulen. Außen werden noch dünne Metall-Unterlegscheiben (ca. 2cm Durchmesser) dazwischengelegt, damit die Rolle nicht großflächig an der Wand des Steuerungskastens reibt. Eventuell müssen noch dünne Pappscheiben zwischen die Holz- und die Metallscheiben gelegt werden, so dass die Länge der Rolle insgesamt 12,0cm beträgt. Dann ist das Spiel im Steuerungskasten angemessen. Aus ihr ragen dann die Schrauben als Achse heraus.

  2. Vorbereitung des Notenbandes

    Die Musik für das Notenband muss im MIDI-Format als Datei vorliegen. Solche Dateien findet man z.B. bei Wiel Geraats (oder  man kann sie mit gängigen Notensatz-Programmen selbst erstellen). U.a. gibt es dort auch eine Datei für ein Band zum Einstellen der Ventile und zum Überprüfen der Stimmung der Töne. Das ist für die Einstellungsarbeiten an der Drehorgel sowieso ganz praktisch. Diese MIDI-Datei 20_intonatierol.mid wird zum Erproben des Verfahrens auf den heimischen PC z.B. in das  Verzeichnis c:/midifiles geladen.

    Nun wird das Programm Midiboek (für Windows) aus dem Internet auf den PC geladen und anschließend installiert. Da dieses Programm die Medien für verschiedenartige Musikautomaten vorbereiten kann, muss es noch um einem Datensatz ergänzt werden, der die Anforderungen an ein Notenband für die 20er-Höffle-Drehorgel enthält (Gamma). Diesen Datensatz 20hoeffle.gam findet man auf der Downloadseite unter dem Link "Weitere  Gammas". Diese Datei muss in dem Verzeichnis c:/mdigam abgelegt werden. (Die Zeile "NTYPE P ;" muss ergänzt werden zu "NTYPE P 15 ;".)

    Den Start-Button, eine kleine Drehorgel mit der Bezeichnung Midbwin, kopiert man sich am besten auf den Desktop und startet das Prgramm Midiboek. In dem großen Programmfenster stellt man sich die Sprache "Deutsch" ein und kann die Ansicht einer ausführlichen Anleitung starten. Links unten wählt man die Programmergänzung 20hoeffle.gam aus. Dann lädt man links oben im Verzeichnis c:/midifiles den Datensatz 20_intonatierol.mid und kann ihn sich auch gleich anhören. Die Umwandlung der MIDI-Daten in die Notenbanddaten wird mit "Übersetzen" gestartet. Das  Ergebnis kann an sich in der "Vorschau" ansehen. Da der installierte Drucker vom Programm automatisch erkannt worden ist, kann man nun mit "Drucken" die Seiten für das Lochband ggf. auch einzeln auf normales Kopierpapier (80g/m²) drucken. 

    Eigentlich soll das bedruckte Papier nun als Schablone zum Stanzen der Löcher in ein etliche Meter langes und genau 11cm breites Papierband (80g/m²) genommen werden (Auf dieses Verfahren wurde erst später umgestellt). Da ich bisher weder ein solches Band noch eine Stanzeinrichtung für die Löcher habe, gehe ich erst einmal anders vor:
     
    Die Seiten des Papierstapels werden am einfachsten mit einem Rollenschneider genau zugeschnitten. Zwischen die Titelseite und die erste Schablonenseite kommt eine Leerseite und am Schluss werden noch zwei weitere angefügt. Nun können alle Seiten auf Stoß mit dünnen Klebestreifen (dünnes Papier-Klebeband zum Restaurieren von Büchern) miteinander verbunden werden, so dass ein etwa 6,5m langes und genau 110mm breites Papierband entsteht, das dann auf die Rolle gewickelt werden kann. Das Ende des Bandes wird mit einem Klebestreifen am Kern der Rolle fixiert.  An den Anfang wird noch ein etwa 5cm langes Stück angefügt, dessen Seiten trapezförmig auf einander zu laufen, so dass in der Mitte dann ein kleiner Bilderaufhänger angeklebt werden kann, mit dem der Bandanfang später in die Aufwickelrolle eingehakt wird.  Jetzt fehlen nur noch ein paar Löcher im Papier und schon ist das Band fertig.

  3. Lochen des Notenbandes

    Zur Fertigstellung des ersten Bandes nach dem vereinfachten Verfahren wird ein 3mm-Locheisen verwendet. Das Papier der Notenrolle wird auf ein ausgemustertes Stullenbrett aus Kunststoff gelegt, das zuvor mit einem Bandschleifer plan geschliffen wurde. Nun muss
    man das Locheisen auf jedes Loch einzeln aufsetzen und mit einem kleinen Hammer darauf schlagen. Diese Tätigkeit ist nicht sehr abwechslungsreich, führt aber mit etwas Geduld zum Ziel.

    Eine etwas komfortablere Lochstanze muss ich noch bauen. Die Konstruktion wird so ähnlich aussehen, wie bei Wiel Geraats und soll mit  einem Elektromagneten arbeiten. Damit soll es dann auch möglich sein, ein spezielles Papierband für Drehorgeln zu lochen und die mit dem Programm Midiboek bedruckten Blätter als Schablonen zu benutzen.

  4. Musik selber arrangieren

    Zum Setzen der Noten verwende ich das Programm  "NoteEdit" unter LINUX. Das geht bestimmt auch mit Windows-Programmen. Als erstes brauchbares Lied wurde damit "Alle Vögel sind schon da" gesetzt (alle-voegel-5.not) und in das Midi-Format exportiert (alle-voegel-5.mid). Dieses Ergebnis kann noch nicht sofort zur Erzeugung der Notenbandschablonen benutzt werden, denn die Pausen zwischen den Tönen sind noch zu kurz, so dass die Ventile der Drehorgel bei zwei gleichen, nacheinander angeschlagenen Tönen nicht schnell genug ragieren können und nur ein langer Ton zu hören ist. Um dies zu korrigieren wird das Programm Noteur unter Windows installiert. Es arbeitet wie Midiboek mit einer Programmergänzung, die die Daten der Drehorgel enthält (Gamma). Diese wird im Programm unter "View / Open Gammafile" aktiviert. Anschließend wird das Midi-Fiile geladen, Nun kann man auf dem Bildschirm schon die Töne in ihrer Anordnung auf dem Lochstreifen sehen. Mit diesem Programm kann auch der Tonsatz von Anfang an gestaltet oder eben, wie hier, nur nachbearbeitet werden. Die gesamten Lochbanddaten werden mit dem Button "Select all" markiert. Dann können die Abstände zwischen den Tönen und die minimale Tonlänge mit "Edit / Lengthen" festgelegt werden. Bei mir haben sich folgende Werte bewährt: verkürzen um 3,5mm und minimale Tonlänge 4,5mm. Nach dem Speichern (alle-voegel-5noteur.mid) kann Midiboek nun zum Drucken der Lochbandschablone gleich aus Noteur heraus aufgerufen werden. Dann kann der Lochstreifen, wie oben beschrieben, hergestellt und auf der dann irgendwann einmal fertigen Drehorgel abgespielt werden.

© Wolf-G. Blümich, 02.10.2010