Der Leierkasten


Zuerst einmal muss klar gestellt werden, dass der Leierkasten ja eigentlich Drehorgel heißt. Aber in Berlin sagt man nun einmal Leierkasten. Wer also weitere Informationen zum Leierkasten sucht, der schlägt am besten in der Literatur unter dem Begriff „Drehorgel” nach.

Nun stell'n wa uns mal janz dumm.  Wie funktioniert 'n Leierkastn?

Janz einfach: Hinten kurbeln und vorne kommt Musike raus!”

Das kann es doch nicht gewesen sein! Was passiert denn dazwischen?

Genau darum geht es. Es soll versucht werden die Funktionsweise eines Leierkastens einfach und übersichtlich darzustellen.

Das Kurbeln (1) am Leierkasten bewirkt zweierlei:

Das Notenband ist z.B. 11cm breit, besteht aus Papier oder Kunststofffolie und ist wie eine Klopapierrolle aufgewickelt. Es enthält über seine gesamte Länge z.B. 20 parallel angeordnete Spuren, die jeweils einer Tonstufe, also einem Ton der Tonleiter des Leierkastens, zugeordnet sind. An den Stellen, an denen die Pfeifen erklingen sollen, enthält der Streifen ein kleines Loch, bei langgezogenen Tönen viele Löcher hintereinander. Je nach Größe des Leierkastens gibt es auch breitere Notenbänder mit mehr Tonspuren.

Das Notenband gleitet nun über den Spieltisch. Im Spieltisch befinden sich im Abstand der Tonspuren auf dem Notenband Löcher, die über Schläuche mit der Ventilsteuerung für die Pfeifen verbunden sind. Wenn ein Loch im Notenband den Luftweg am Spieltisch frei gibt, sinkt der Druck in der oberen Ventilkammer und das Ventil öffnet den Luftweg zur Orgelpfeife. Ein Ton erklingt. Wenn nun mehrere Pfeifen gemeinsam und in der auf dem Notenband vorgesehenen Folge erklingen, dann macht der Leierkasten Musik.

Natürlich ist die Klangfülle eines Leierkastens beschränkt, denn es sind ja nur z.B. 20 verschiedene Tonstufen auf den 20 Tonspuren des Notenbandes darstellbar. Üblich ist die Stimmung in B, wie man sie bei Blasinstrumenten oft vorfindet. Aber auch F-Dur ist möglich. Damit man die Notenbänder unter den Leierkastenspielern austauschen kann, hat man bestimmte Maße für die Bänder, Lochabstände und -größen und eine Tonleiter festgelegt.
Loch 1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20
Tonstufe f b c' d' es' e' f' g' a' b' c'' d'' es'' e'' f'' g'' a'' b'' c'' d''
B-Dur 5 1 2 3 4
5 6 7 1 2 3 4
5 6 7 1 2 3
F-Dur 1 4 5 6
7 1 2 3 4 5 6
7 1 2 3 4 5 6

Bass Begleitung Melodie
Tonstufen einer 20er Drehorgel

Wenn man mit diesen wenigen Tönen gut klingende Musik machen will, kommt es auf den richtigen Tonsatz an, bei dem Melodien geschickt mit Verzierungen, Zweitstimmen, Akkorden und Bässen gestaltet werden.

Man kann aber auch die Klangfarbe variieren, wenn der Leierkasten mehrere Register hat. In diesem Fall ist für jedes Register ein eigener Satz Orgelpfeifen notwendig, der aufgrund seiner Bauweise einen eigenen Klang hat. Die Register können entweder einzeln oder auch zusammen eingeschaltet werden. Dafür ist dann natürlich ein entsprechend großer Vorrat im Luftspeicher erforderlich.

Die Pfeifen bestehen meistens aus Holz. Es sind Rohre mit rechteckigem oder rundem Querschnitt. Die Luft wird unten durch ein Rohr eingeblasen, passiert dann einen kleinen Schlitz und strömt gegen eine Kante, wobei der Ton entsteht. Die Tonhöhe hängt von der Länge des nun folgenden Rohres ab und davon, ob das Rohr am Ende offen oder geschlossen ist. Die langen Pfeifen für die tiefen Töne werden auch oft geknickt eingebaut.

Nun ist so einigermaßen klar, was zwischen „hinten kurbeln” und „vorne Musik raus” passiert. Wer weitere Informationen haben will, muss dann halt doch einmal unter „Drehorgel” nachschlagen.


© Wolf-G. Blümich,07.02.2009