Der
Leierkasten
Zuerst
einmal muss klar gestellt werden, dass der Leierkasten ja eigentlich
Drehorgel heißt. Aber in Berlin sagt man nun einmal
Leierkasten. Wer also weitere Informationen zum Leierkasten sucht,
der schlägt am besten in der Literatur unter dem Begriff
„Drehorgel” nach.
„Nun
stell'n wa uns mal janz dumm. Wie
funktioniert 'n Leierkastn?
Janz
einfach: Hinten kurbeln und vorne
kommt Musike raus!”
Das
kann es doch nicht gewesen sein! Was
passiert denn dazwischen?
Genau darum
geht es. Es soll versucht werden die
Funktionsweise eines Leierkastens einfach und übersichtlich
darzustellen.
Das Kurbeln
(1) am Leierkasten bewirkt zweierlei:
- Zum
einen wird über einen Exzenter (3) an der
Kurbelachse (2) eine Pleulstange (4) bewegt, die einen Blasebalg
(5) betätigt, der die Raumluft durch das Einlassventil (6) ansaugt.
Durch das Auslassventil (7) gelangt sie in
einen Luftspeicher (8). Aus diesem wird sie durch ein Gewicht
(9) oder eine Feder aus der Auslassöffnung (10) zur Versorgung der Orgelpfeifen
herausgedrückt.
- Zum
anderen wird dadurch das Notenband (11) von einer
Rolle (12) auf eine andere Rolle (13) umgewickelt und dabei über den Spieltisch
(14) geführt.
Immer, wenn ein Loch im Notenband die Luft austreten lässt, öffnet das
Ventil (15) und lässt Luft vom Luftspeicher (8) zur Orgelpfeife (16)
hindurchströmen.
Das
Notenband ist z.B. 11cm breit, besteht aus Papier oder
Kunststofffolie und ist wie eine Klopapierrolle aufgewickelt. Es
enthält über seine gesamte Länge z.B. 20 parallel
angeordnete Spuren, die jeweils einer Tonstufe, also einem Ton der
Tonleiter des Leierkastens, zugeordnet sind. An den Stellen,
an denen die Pfeifen erklingen sollen, enthält der
Streifen ein kleines Loch, bei langgezogenen Tönen viele Löcher
hintereinander. Je nach Größe des Leierkastens
gibt es auch breitere Notenbänder mit mehr Tonspuren.
Das
Notenband gleitet nun über den Spieltisch. Im Spieltisch
befinden sich
im Abstand der Tonspuren auf dem Notenband Löcher, die über
Schläuche mit der Ventilsteuerung für die Pfeifen
verbunden sind. Wenn ein Loch im Notenband den Luftweg am Spieltisch
frei gibt, sinkt der Druck in der oberen Ventilkammer und das Ventil
öffnet den Luftweg zur Orgelpfeife. Ein Ton erklingt.
Wenn nun mehrere Pfeifen gemeinsam und in der auf dem Notenband
vorgesehenen Folge erklingen, dann macht der Leierkasten Musik.
Natürlich
ist die Klangfülle eines Leierkastens beschränkt, denn es
sind ja nur z.B. 20 verschiedene Tonstufen auf den 20 Tonspuren des
Notenbandes darstellbar. Üblich ist die Stimmung in B, wie man sie bei
Blasinstrumenten oft vorfindet. Aber auch F-Dur ist möglich. Damit man
die Notenbänder unter den
Leierkastenspielern austauschen kann, hat man bestimmte Maße
für die Bänder, Lochabstände und -größen
und eine Tonleiter festgelegt.
Loch
|
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
7 |
8 |
9 |
10 |
11 |
12 |
13 |
14 |
15 |
16 |
17 |
18 |
19 |
20 |
Tonstufe
|
f |
b |
c' |
d' |
es' |
e' |
f' |
g' |
a' |
b' |
c'' |
d'' |
es'' |
e'' |
f'' |
g'' |
a'' |
b'' |
c'' |
d'' |
B-Dur
|
5 |
1 |
2 |
3 |
4 |
|
5 |
6 |
7 |
1 |
2 |
3 |
4 |
|
5 |
6 |
7 |
1 |
2 |
3 |
F-Dur
|
1 |
4 |
5 |
6 |
|
7 |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
|
7 |
1 |
2 |
3 |
4 |
5 |
6 |
|
Bass |
Begleitung |
Melodie
|
Tonstufen
einer 20er Drehorgel
Wenn
man mit diesen wenigen Tönen gut klingende Musik machen will,
kommt es auf den richtigen Tonsatz an, bei dem Melodien geschickt mit
Verzierungen, Zweitstimmen, Akkorden und Bässen gestaltet
werden.
Man
kann aber auch die Klangfarbe variieren, wenn der Leierkasten mehrere
Register hat. In diesem Fall ist für jedes Register ein
eigener Satz Orgelpfeifen notwendig, der aufgrund seiner Bauweise
einen eigenen Klang hat. Die Register können entweder einzeln
oder auch zusammen eingeschaltet werden. Dafür ist dann
natürlich ein entsprechend großer Vorrat im Luftspeicher
erforderlich.
Die
Pfeifen bestehen meistens aus Holz. Es sind Rohre mit
rechteckigem oder rundem Querschnitt. Die Luft wird unten durch ein
Rohr eingeblasen, passiert dann einen kleinen Schlitz und strömt
gegen eine Kante, wobei der Ton entsteht. Die Tonhöhe hängt
von der Länge des nun folgenden Rohres ab und davon, ob das Rohr
am Ende offen oder geschlossen ist. Die langen Pfeifen für die
tiefen Töne werden auch oft geknickt eingebaut.
Nun
ist so einigermaßen klar, was zwischen „hinten kurbeln” und
„vorne Musik raus” passiert. Wer weitere Informationen haben
will, muss dann halt doch einmal unter „Drehorgel” nachschlagen.
© Wolf-G.
Blümich,07.02.2009