Da die Drehteile für den
Riementrieb des Lochbandes noch nicht
fertig sind, können nun schon einmal die Stimmarbeiten beginnen.
Als Stimmgerät steht ein chromatischer Tuner WT-12 von KORG zur
Verfügung. Die erste Stimmung soll nach Werckmeister III erfolgen.
Die Pfeifen sind bereits so weit vorbereitet, dass sie nur noch
gestimmt werden müssen.
- Die Bass- und Begleitungspeifen
Zuerst werden die Bass- und
Begleit-Pfeifen, die unter dem Sockel montiert werden, auf einer 4mm
starken Montageplatte von den Ausmaßen der Bodenplatte mit
kleinen Senkschräubchen montiert. Die Drehorgel wird auf einen
Tisch gestellt und die untere Frontplatte abgenommen. Nun können
die Luftauslässe an der Grundplatte mit den bereits für den
Einbau passend zugeschnittenen Schlauchstücken mit den auf der
Montageplatte montierten Pfeifen verbunden werden, so dass
schließlich die Montageplatte an den Schläuchen vor der
Drehorgel hängt. So kommt man zum Stimmen leicht an die Pfeifen
heran.
Auf dem Steuerungsblock werden alle Löcher außer dem gerade
aktuellen Loch mit Klebestreifen abgeklebt. Mit den f-Pfeifen beim
ersten Loch wird begonnen. Eine Pfeife wird außer Betrieb
gesetzt, indem ein Zipfel eines Papiertaschentuchs locker in die
Pfeifenöffnung geschoben wird. Die Kurbel wird betätigt und
die Abweichung des Tones mit dem Stimmgerät in Cent gemessen. Nun
wird der Spund so verschoben, bis nach mehreren WIederholungen des
Vorgangs die gewünschte Abweichung eingestellt ist. So ist nun bei
allen Pfeifen zu verfahren.
Die Spunde wurden alle so gefertigt, dass sie ohne eine
zusätzliche Lederdichtung passen. Wenn ein Spund sich nun zu
leicht bewegt oder sogar der Verdacht besteht, dass er nicht dicht
schließt -dann kann man den Ton nicht einstellen!-, dann wird der
Spund dünn mit weichem Wachs (Wachsklebeplättchen zum
Fixieren von Kerzen in Kerzenhaltern) bestrichen und eingesetzt. Sitzt
der Spund zu fest, hilft etwas Talkum, um ihn gleitfähig zu
machen.
Wenn nun alle Pfeifen gestimmt sind, wird die Montageplatte unter dem
Boden der Drehorgel verschraubt, die
Schlauchverbindungen werden hergestellt und die Gehäusefront
geschlossen.
Nach dem Einbau muss die Stimmung dann allerding noch einmal korrigiert
werden. Offensichtlich ist die Stimmung auch von der Umgebung der
Pfeifen abhängig.
- Die Melodie-und Picolo-Pfeifen
(1., 2. und 3. Register)
Zuerst werden die Bohrungen im
Pfeifenstock mit einer
Reibahle auf
möglichst genau 6mm gebracht. Beim Lackieren ist nämlich
überall etwas Lack hineingeraten. So ist dann ein fester Sitz der
Pfeifen garantiert.
Die Pfeifen des ersten und des zweiten Melodie-Registers sind baugleich
und werden zueinander auf Schwebung gestimmt, wobei die Pfeifen des 1.
Registers möglichst genau und die des 2. Registers etwas tiefer
gestimmt werden. Alle Melodie-Pfeifen mussten um etwa 10mm gekürzt
werden, damit der Spund nicht vollständig im Pfeifenrohr
verschwindet. Auf alle Spunde wird als kleiner Griff eine
12mm-Holzperle aufgeschraubt. Das Stimmen selbst läuft wie bei den
Bass- und Begleitpfeifen ab.
Nach diesen Stimmarbeiten
kann die Drehorgel dann das
erste Mal
ausprobiert werden. Eine Lochband wird eingelegt und von Hand langsam
über den Steuerungsblock gezogen. Dabei muss dann ein
Zweiter fleißig kurbeln. Immerhin war das Lied "Das ist der
Frühling von Berlin" deutlich zu erkennen.
- Die Violin-Pfeifen (4.
Register)
Weil alle Pfeifen
des 1. bis 3. Registers mit dem Luftduck der
Windanlage einwandfrei zurechtkommen, waren dort erst einmal keine
Luftregulierschrauben in die Pfeifensockel notwendig. Die
Violin-Pfeifen für das 4. Register neigen nun aber bei
kräftigerem Anblasen zum Oktavieren. Es wurden hier
Inbus-Schrauben M5x10 angebracht (vorbohren im Holz und durch das
Messingröhrchen mit 4,5mm), mit denen die Luftzufuhr an jeder
Pfeife individuell eingestellt werden kann.
Da an den Enden der Pfeifenrohre keine Nuten angebracht worden sind, in
denen ein Schieber zum Stimmen der Pfeife bewegt werden kann, muss
hierfür ein Ersatz gefunden werden. Es werden für jede Pfeife
genau passende 4cm lange U-Profile aus etwa 0,25mm starkem
Weißblech
(Mantel einer Konservendose) gebogen, die in die Pfeifenöffnung
eingeführt werden. Das dünne Blech kann bequem mit einer
alten Haushaltsschere zugeschnitten und in einem kleinen Schraubstock
von Hand gebogen werden. Das U-Profiil klemmt in dem Rohr, verengt den
Pfeifenquerschnitt
nur
unmerklich und deckt den Stimmschlitz ab. Zum Stimmen werden die
Profile mit einer Flachzange entsprechend tief in die Pfeife
eingeschoben.
Auch die Violin-Pfeifen
wurden zum Teil zu lang gefertigt. Vor dem Kürzen
wird zuerst das U-Profiil hergstellt und damit die
Längenänderung für einen Halbtonschritt ermittelt. Der
Stimmschlitz muss dann oft auch etwas weiter ausgefräst werden, so
dass die Pfeife ohne U-Profil etwas zu hoch klingt.
So sind die Violin-Pfeifen
nun eindeutig zu leise, weil der Luftstrom
doch meistens weit zurückgenommen werden muss, um das Oktavieren
zu verhindern. Und auch das Klangbild unterscheidet sich von dem des 1.
Registers kaum.
Deshalb werden im zweiten Schritt sogenannte "Gaviolibärte" an den
Pfeifen angebracht. Sie bestehen aus dünnen (etwa 0,4mm, nicht
dünner, sonst schwingen sie mit) Blechstreifen (Messing-oder
Weißblech), die an den Vorschlag angeschraubt werden. Die untere
Schraube dient zur Befestigung, die obere zur Justierung. Jeder
Metallstreifen ist auf beiden Seiten etwa 1mm breiter als der
Kernspalt und 6cm lang. Sein
oberes Ende wird so gebogen, dass es mit der oberen Schraube so
justiert werden kann, dass es mit knapp 1mm Abstand parallel fast
über dem Kernspalt liegt. Mit etwas Geduld wird nun der
Luftstrom verstärkt und der Gaviolibart justiert, bis die Pfeife
laut und etwas summend klingt. Durch die Gaviolibärte und den
stärkeren Luftstrom sind die Pfeifen nun aber alle etwas zu tief
und müssen erneut gestimmt werden, was ggf. auch noch weitere
Ausarbeitungen der Stimmschlitze erforderlich machen kann. Das ist also
etwas Experimentierarbeit.